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Blick über Medina Sidonia in Andalusien.

Medina Sidonia

Ein Ort voller Geschichte

Ebenfalls mitten im Herzen der Provinz Cádiz, an der sogenannten Ruta de los Toros, (Kampfstier-Route) liegt das rund 11.700 Einwohner zählende Städtchen Medina Sidonia, das vor etwa 3000 Jahren unter der Bezeichnung Asido Caesarina als römische Kolonie gegründet wurde. Zwar müsste man Medina Sidonia aufgrund seiner architektonischen Beschaffenheit eigentlich den "Weißen Dörfern" zuordnen, jedoch ist der Ort einfach schon zu groß und zu sehr touristisch erschlossen, als dass man noch ruhigen Gewissens von einem Dorf sprechen könnte. Dennoch ist Medina Sidonia, aufgrund seiner zahlreichen historischen Monumente und wegen seiner gut erhaltenen römischen Ausgrabungsstätten, unbedingt einen Besuch wert. Außerdem werden hier die leckersten Süßbackwaren der ganzen Provinz hergestellt – in liebevoller Handarbeit, von in Klausur lebenden Nonnen.

Eine Reise durch Medina Sidonia

Der Geschichte auf der Spur

Etwas gelangweilt und wohl auch ein bisschen gestresst leiert die junge Dame im Tourismus-Büro das von ihr gut auswendig gelernte Textlein über die architektonischen Glanzpunkte von Medina Sidonia herunter. Hinter uns wartet schon ungeduldig eine Gruppe Franzosen, alle im unvermeidlichen Einheits-Dress aus Baseball-Käppi, Shorts und Trekking-Sandalen, aus denen dezent blütenweiße Socken schimmern. Dem Reisenden bleibt somit nicht verborgen, dass Medina Sidonia – zumindest in den Sommermonaten – schon recht stark von den internationalen Touristenströmen frequentiert wird. Dies ändert freilich nichts an der Tatsache, dass wir es hier mit einem besonders schönen und geschichtsträchtigen Exemplar einer andalusischen Kleinstadt zu tun haben, in der man durchaus einen abwechslungsreichen Entdecker-Tag verbringen kann. Letzterer kann beispielsweise gleich gegenüber dem Tourismus-Büro, in der spätgotischen Kirche Santa Maria la Mayor la Coronada, auf deutsch heisst es etwa: "Unsere Große Heilige Jungfrau Maria die Gekrönte“ beginnen, die wie eine Trutzburg über ganz Medina Sidonia und die umliegenden Täler wacht und mit deren Bau Ende des 15. Jahrhunderts über den Resten der ehemaligen Moschee begonnen wurde. Erst muss man sich aber im Tourismus-Büro noch für ein paar Euro eine Eintrittskarte kaufen.

Die Kirche Santa Maria la Mayor la Coronada

Ein Highlight in Medina Sidonia

Nachdem man das Eintrittgeld bezahlt hat geht es hoch hinauf, denn man klettet nun zunächst über die enge und steile Wendeltreppe hinauf in den Glockenturm, von wo aus man einen herrlichen Blick über die Stadt und die umliegenden Täler hat. Das Ostfenster des Turmes gibt einen Blick auf die noch recht gut erhaltenen Bewässerungsanlagen und einige Mauerreste der ehemaligen Alcázar (arabische Festung) frei, die sich hier zur Zeit der moslemischen Besatzung befand und die auch später von den spanischen Rückeroberern weitergenutzt wurde. Allen Hobby-Fotografen sei zu größter Vorsicht geraten, denn der obere Zugang zur Wendeltreppe des Kirchturms ist völlig ungesichert, so dass bei allzu eifrigem Fotografieren die Gefahr droht, in das tiefe Loch des Treppenhauses hinab zu stürzen. Medina Sidonia ist übrigens die einzige Pfarrgemeinde in der Provinz, die es Besuchern noch erlaubt, bis in den Glockenturm hinauf zu steigen; alle andern haben es schon satt, dass selbsternannte Hobby-Glöckner mit dem unerlaubten Betätigen des Geläuts immer wieder arglose andalusische Kirchgänger aus der wohlverdienten Siesta rissen. Im Innern der zweifelsohne sehr schönen SantaMaría la Mayor la Coronada-Kirche hat man es mit der touristischen Professionalität fast schon etwas übertrieben, überall sorgen lichtschrankenaktivierte Scheinwerfer für gutes Foto-Licht, in der Sakristei dudelt ein Dauer-Video, das dem Besucher Erklärungen liefert. Im Eingangsbereich der Kirche werden gar Seifen und Parfums aus lokaler Bioproduktion feilgeboten – keine Spezialität des Hauses, wohl aber doch der Stadt. Besonders hervorzuheben sei hier noch der aus 168 Einzelbildern bestehende Hauptaltar im für die spanische Spätgotik so typischen Plateresken-Stil, der das Leben der Heiligen Familie darstellt.

Die Kirche Santa Maria la Mayor la Coronada in Medina Sidonia - Andalusien.

Eine Reise durch Medina Sidonia

Der Geschichte auf der Spur

Nur wenige Gehminuten in westlicher Richtung entfernt liegt das "Jesus, Maria und Josef-Kloster“ - Convento de Jesús, Maria y José. Die Öffnungszeiten sind Sommer wie Winter von 9.30 bis 12.30 sowie 16.30 bis 18.15, im Volksmund auch Monjas de Arriba, zu deutsch "Die oberen Nonnen“, genannt. Das Besondere an dem Kloster ist die zugehörige Kapelle mit ihrer kreisförmigen Grundstruktur und ihrer barocken Dachkuppel. Wem jetzt nach so viel altem Gemäuer bereits der Mund trocken geworden ist, der möge sich wieder einige Schritte zurück, Richtung Tourismus-Büro, begeben, wo gleich nebenan eine Café-Bar zur Rast einlädt. Trotz der exponierten Lage sind die Preise noch sehr zivil, der frisch zubereitete Eiskaffee kostet nur ein paar Euro. Außerdem verfügt das Lokal im hinteren Bereich über eine sehr schöne Aussichtsterasse. Wer vor dem Weitermarsch noch kurz verschwinden muss, der sollte dies hier tun, die Sanitärräume sind blitzsauber. Beginnt man nun den Abstieg in den unteren Teil der Stadt, indem man den Kirchplatz durch den mittelalterlichen Arco de Belén, dem Bethlehem-Bogen verlässt, von dort aus geht´s beispielsweise über die Calle Barrieros, die Barrieros-Straße und die Calle Basuntozur Plaza de España, den Spanien- bzw. Rathausplatz, dem Zentrum der Unterstadt. Im aus dem 17. Jahrhundert stammenden manieristischen Rathaus findet sich unter anderem das historische Stadtarchiv.

Die Leckereien der Stadt

Probieren erlaubt !

Nur ein paar Schritte weiter, vom Rathaus aus kommend auf der linken Straßenseite gelegen, die Markthalle von Medina Sidonia aus 1871. Hier gibt es einen Souvenir Laden, der auch nachmittags geöffnet ist. Dem folgt, etwa 300 Meter weiter, eine der aus heutiger Sicht Hauptattraktionen Medina Sidonias, das Convento de San Cirstóbal (Kloster des Heiligen Christopherus), im Volksmund auch Monjas de Abajo, heisst soviel wie - Die unteren Nonnen. Hier wird das spanienweit berühmte Teegebäck der Monjas de Abajo hergestellt, dessen Rezepturen stark von der arabischen Konditorkunst beeinflusst sind. Trotz der Tatsache, dass die "unteren Nonnen“ in Klausur leben, unterhält das Kloster einen Straßenverkauf. Medina Sidonia war schon zu Zeiten des Kalifats von Granada in ganz Andalusien für seine hervorragende Zuckerbäckerei bekannt. Das hier hergestellte Gebäck lässt sich noch am ehesten mit den deutschen Weihnachtsplätzchen vergleichen, nur viel süßer und – dank des großzügigen Einsatzes von Honig – auch viel klebriger. So werden denn auch in ganz Spanien die unter dem Oberbegriff Polvorones - Staubige bekannten Plätzchen in der Weihnachtszeit gleich tonnenweise verschlungen.

Ab in den Untergrund

Medina Sidonia von unten

Wem nun als Tagesabschluss noch danach zumute ist, dort spazieren zu gehen, wo einst die Fäkalien römischer Bürger sprudelten, dem sei ein Besuch im Conjunto Arqueológico Romano eine "Römische archäologische Ausgrabungsstätte“ empfohlen, der insbesondere aus einigen recht gut erhaltenen Überresten der einstigen Kloaken von Asido Caesarina besteht. Diese unterirdischen Galerien führen dem Reisenden einmal mehr vor Augen, wie fortschrittlich die Römer schon im I. Jahrhundert vor Christus waren: Der Boden der Kloaken besteht aus einem wasserundurchlässigen Mörtel, der an den Seitenrändern mit einer ebenfalls wasserundurchlässigen Kordel abgedichtet war, um das Einsickern der Abwässer in die Fundamente der Wohnhäuser zu verhindern. Wurden die hier beschriebenen Abwasseranlagen bereits 1971 entdeckt, so sollte es noch bis 1997 dauern, bis man in der heutigen Calle Álamo auf ein Stück der Hauptsraße des ehemaligen Asido Caesarina stieß, die Cardo Maximus.
Letztere war mit insgesamt 7,80 m Breite als regelrechte "Autobahn“ ausgelegt, auf der ohne weiteres zwei Gespanne nebeneinander fahren konnten.
Auf den Seitenstreifen der Cardo Maximus hat man eingemeißelte Gesellschafsspiele gefunden. Für die Besichtigung des Conjunto Arqueológico Romano verlangt das Rathaus ein paar Euro. Die Öffnungszeiten sind im Sommer von 10.00 bis 14.00 sowie 16.00 bis 18.00. in den Wintermonaten von 10.00 bis 14.00 sowie 17.00 bis 19.00.