Einer guten Flamenco Aufführung beizuwohnen und nicht einer touristisch inszenierten Veranstaltung aufzusitzen ist für einen Feriengast nicht ganz einfach. Der Flamenco ist eine Kunst der Gitanos, der spanischen Sinti und Roma, und wird authentisch nur in kleinen, zumeist familiären Zirkeln aufgeführt. Als Image Spaniens steht er in der Welt des touristischen Scheins ganz oben. Der Flamenco bildet im Ausland eines der stärksten Klischees Spaniens und ist typisch spanisch. Dazu gehört natürlich auch das Klischee des rassigen Spaniers und sein leidenschaftliches und mitunter feuriges Temperament. Der Flamenco ist jedoch nur eine der vielen Musikströme, die in Spanien existieren und die im Ausland nur zu einem kleinen Teil bekannt sind. Das soll aber nicht bedeuten, dass es den authentischen Flamenco nicht gibt. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Der Flamenco ist zu einem bedeutenden Kultur- und Wirtschaftszweig in Spanien und vor allem in Andalusien geworden, der sich über die touristische Vermarktung hinweg, eine breite Anhängerschaft erobert hat. Sein ursprüngliches Image erhielt der Flamenco von europäischen Romantikern, die in der Musik Spaniens, dass Ursprüngliche und Authentische suchten.
Was drückt Flamenco aus ?
Es ist die Stimmung, die aus der Lust, dem Schmerz und der Freude am Leben kommt. Oft ohne geplantes Ende, stundenlang bis man in Trance verfällt. Dieser ekstatische Moment emotionalen Aufruhrs, den die Zuseher und Zuhörer "Duende" nennen, ist unverzichtbarer Bestandteil des Flamenco. In Perfektion vor allem von Gio den Roma verkörpert, die im Flamenco ihr wechselhaftes Leben widerspiegeln möchten. Bei ihren Hochzeiten oder anderen bedeutenden Festen einer ganzen Sippe, folgen Sie einer vorgegebenen Dramaturgie die sich von besinnlichen Liedern bis zur Bewusstlosigkeit steigern kann. Die Roma leben den Flamenco, identifizieren sich mit ihm und haben ihn zum Teil ihrer Kultur gemacht. Flamenco ist seit Generationen Teil ihres Lebens. Der authentische Flamenco ist stimmungsgeladener als der inszenierte Flamenco. Was die Flamenco Industrie, die häufig mit Klischees arbeitet, gerne abstreitet, um mit kommerzieller Kunst Musik zu verkaufen. Zu Verurteilen ist eine solche Kommerzialisierung nicht. Ähnlich wie beim Stierkampf konnte der Flamenco seine jetzige Position nur mit der Kommerzialisierung seiner Kunst erreichen. Schon in den Lokalen des 19. Jahrhundert, traten professionelle Sänger auf, um mit Flamenco Vorführungen Geld zu verdienen. Auch heute finden sich in Spanien viele Straßenmusiker, die mit ihrer Gitarre Aufmerksamkeit und Geld verdienen. Um eine professionelle Flamenco Vorstellung zu besuchen, musst du in den Ferien nicht lange suchen. Die wirklich guten Flamenco Gruppen wechseln die Plätze ihrer Auftritte. Wenig Glauben brauchst Du den gut gemeinten Hinweisen in den großen Hotels zu schenken, die Flamenco in ihren Abendprogrammen anbieten. In der Regel stecken hinter diesen Tipps für einen besonderen Flamenco Abend handfeste Provisionen oder familiäre Bande.
Woher kommt der Flamenco ?
Die gegenwärtige Heimat des Flamencos in Spanien bildet das Dreieck der andalusischen Städte Sevilla, Cádiz und Jerez de la Frontera. Sevilla, das Herz und die Seele des leidenschaftlichen, des echten Flamenco. Ort der Tradition und der Identifikation mit einem Tanz, der zwar Flamenco heißt, aber nur Synonym für die Seele einer ganzen Nation ist. Vor allen dingen in Sevilla wird noch der Ursprung des Flamenco in kleinen, oft unscheinbaren Lokalen mit kleiner oder keiner Bühne zelebriert, ohne „Palmero“, hier beherrscht jeder die große Kunst des rhythmischen Klatschens. Von namenlosen Tänzerinnen und Tänzern leidenschaftlich und voller Überzeugung dargeboten, von virtuosen Gitarrenspielern begleitet, von von einem enthusiastischen Publikum beklatscht. In Spanien existieren verschiedene Flamenco-Festivals wie den Concurso Nacional de Flamenco' oder Bienal de Flamenco in Sevilla oder den in Jerez de la Frontera. Du wirst während deiner der Ferien in Spanien viele Orte finden, an denen der Flamenco zelebriert und dargeboten wird.
Welche Geschichte hat der Flamenco ?
Der Flamenco entstand durch die Musik der Romas, der in Andalusien lebenden Zigeuner. Aus der reinen Gesangkunst, der Cante Jondo hat sich im 19. Jahrhundert die Variation mit einer Gitarre, etwas später noch die Variation mit dem Tanz, entwickelt. Die andalusischen Sinti und Roma nutzten über Jahrhunderte ihren typischen Gesangstil, um Schmerz und Leid ihres Volkes auszudrücken. 1415 - 1425 erreichten die ersten Zigeuner aus Nordindien / Pakistan über Palästina und Ägypten die Iberische Halbinsel. Damit erlebten sie das Ende der maurischen Herrschaft, begründet durch den Fall Granadas im Jahr 1492 und die Macht und Willkür der katholischen Kirche, der Inquisition bzw. der Katholischen Könige Isabella von Kastilien und Fernando von Aragonien 1499. Zu dieser Zeit wurden die Zigeuner mit allem Mitteln, die bis zum Tod führten, zur Sesshaftigkeit gezwungen.
Die Entwicklung des Flamenco bis heute
Die Geschichte, die bis in die Zeit der Diktatur Francos und der Guardia Civil reicht. Auch heute bekennen sich viele Flamencosänger zu diesem Leid. So auch die 1899 in Jerez de la Frontera geborene Sängerin Tía Anica la Piriñaca, mit Ihrem berühmten Zitat: "Wenn ich singe, schmeckt mein Mund nach Blut". Als Kunstform entwickelte sich der Flamenco, die 'Klage der Zigeuner erst Mitte des 18. Jahrhundert mit dem Sänger Tio Luís el de la Juliana. 1780 wurde der erste in der Geschichte des Flamenco bis heute noch bekannte Künstler erwähnt. Es folgten große Namen wie Francisco Ortega de Puerto Real, alias El Fillo und El Planeta de Triana, Juan en Cueros, Juan de Dios, María de las Nieves, Perico el Gallego, Franco el Colorado und viele weitere.
1800 - 1860 folgt die hermetische Phase des Flamencos mit Flamencovariationen wie den Cante Jondo, der auf Hochzeiten, Taufen und häuslichen Festen gesungen wird. Daneben existiert auch ein populärer Flamenco, der Cantes andaluces, unterteilt in: fandangos, rondeñas, verdiales, sevillanas, temporeras, cantes de trilla, nanas.
Bis zu dieser Zeit war der Gesang eine Sache der Zigeuner, nicht die der Spanier und vor allem war der Gesang den Männern vorbehalten.
1869-1910 Goldenen Ära des Flamencos. Es entstehen Cafés cantantes, mit Silverio Franconetti (creador del cante gitano-andaluz). In dieser Zeit wird der Flamenco der, bis dahin ein Ausdruck der Zigeuner war, andalusisch. Es wird unterschieden in Cante jondou, dieser wiederum in Cante grande und Cante chicound in Cante menos jondo.
Der erste Flamencosänger der nicht der Gruppe der Sinti und Roma angehörte war Silveri Franconetti. Sein Rivale zu dieser Zeit, der waschechte Roma El Nitri.
Ab diesem Zeitpunkt unterscheiden sich die Richtungen des Flamenco in
- Cantaores gitanos, mit bekannten Flamencosängern, wie El Fillo, Tomás El Nitri, Manuel Cagancho, - El Loco Mateo, Mercer "La Serneta", Enrique El Mellizo, Diego Marruro, Manuel Torre, in den Jahren 1878 bis 1933, einer der größten Cantaores flamencos der spanischen Geschichte. Tomás Pavón, Pastora Pavón, in den Jahren 1890 bis 1969, auch genannt La Niña de los Peines.
- Cantaores andaluces. Silverio Franconetti, in den Jahren 1825 bis 1893, als Gründer des Cante gitano-andaluz La Trini, Fosforito El Canario und Antonio Chacón von 1865 bis 1929
- Ópera flamenca von 1910 bis 1955 Fandangos y cantes de ida y vuelta
- Flamenco-Renaissance in den Theatern und Konzerthäusern als Nachfolge der Cafés cantantes.
- Um die Jahrhundertwende vom 19. ins 20. Jahrhundert wurde der Flamenco seiner Privatsphäre beraubt. Man spielte und tanzte gegen Geld auf allen Bühnen und Plätzen, vor aller Öffentlichkeit. Die Kommerzialisierung des Flamenco war kaum noch aufzuhalten. Das rief die Traditionsbewahrer Spaniens auf die Barrikaden. An ihrer Spitze der Komponist Manuel de Falla und der Schriftsteller Frederico Garcia Lorca, man wollte den authentische Flamenco am Leben erhalten. In und um Sevilla und Granada ist dies gelungen. Doch der Flamenco hat sich auch weiterentwickelt und wird heute vermischt mit Musikrichtungen, wie den Jazz, Salsa, Bossa Nova. Und die Tradition und die Moderne leben heute gut miteinander. Es entstanden Flamenco-Gruppen, die auf allen Bühnen der Welt ihre Künste zeigten und noch immer zeigen – oft ausartend in erotisches Revuetheater. Aber es gibt ihn immer noch, den wahren Flamenco, in seiner Traditionsregion Andalusien, verkörpert aus Überzeugung und Lust, Lust auf auf den Tanz bis zur Ekstase. Heute ist Flamenco immaterielles Kulturerbe der UNESCO und macht Spanien aus.